Ich sehe Menschen, die Ihre Ziele erreicht haben oder in Ihrer Persönlichkeit wachsen, und schnell vermute ich, dass Ihnen all das zugefallen ist. Ein Geistesblitz, eine Offenbarung oder gar ein Wunder. Solche Dinge passieren mit Sicherheit, doch mit Sicherheit ganz selten. In den meisten Fällen muss ich diese Menschen für Ihre Zielstrebigkeit, Ihre Passion, Ihren Fleiß und ihre Ausdauer bewundern.
In den letzten drei Jahren haben wir begonnen unseren großen, weitläufigen Garten zu bändigen. Quadratisch, praktisch, gut, so wurde dieses Land vor unserer Zeit genutzt. Ein enger Plattenpfad mittig durch unsere große Wiese, einst zum Bearbeiten der Gemüsebeete gedacht, eine Gülle-Grube um den Mist der Kühe und Hühner zwischenzulagern, bevor er auf die Felder verteilt wurde, eine Terrasse, die erst gemütlich wird, wenn fünf Bierzelt-Garnituren und mindestens 20 Gäste darauf Platz finden. Die Stunden, die wir mit Säge, Bohrhammer, Schubkarre und Farbe in unserem Garten verbracht haben, lassen sich nicht mehr zählen. Doch Stück für Stück, sehr langsam, wird aus einem Stück Land ein Zuhause, eine Oase, unser Paradies. Dieses Wunder das hier entsteht, scheint für den außenstehenden Betrachter so, als wäre es schon immer da gewesen. Nur wer einen ähnlichen Weg schon einmal gegangen ist, weiß, welche Anstrengungen dahinter stehen.
Wir alle haben unsere "Projekte". Das kann ein Garten sein. Das kann eine zerstörerische Gewohnheit sein, die wir aus unserem Leben verbannen wollen. Vielleicht auch eine Fähigkeit, die wir erlernen wollen, vielleicht eine Sprache, ein Instrument oder den Vorsatz, liebevoller mit unserem Partner umzugehen? Es gibt unendlich viele Möglichkeiten zu wachsen, zu lernen, zu bauen. Und hier stehe ich vor meiner ersten persönlichen Herausforderung. Ich will alles, sofort ... oder zu mindestens recht schnell. Ich habe einen guten Gedanken, darauf folgt eine gute Tat. Doch nach drei Tagen habe ich einen neuen guten Gedanken, auf den eine Tat folgt. So geht es weiter, und ein paar Monate später merke ich, dass ich meinen ersten guten Gedanken schon seit Wochen nicht mehr gedacht habe. Mein "Projekt" hat sich nicht weiter entwickelt. Ich bin die Gleiche geblieben ... und mein Garten auch.
"Pick Your Battles" – "Wähle Deine Kämpfe" ... diesen Satz hat mir eine treue und weise Wegbegleiterin mitgegeben, als es um das Thema Kindererziehung ging. Und ich merke, wie universal ich diese Weisheit anwenden kann. Meine Aufmerksamkeit und auch meine Kraft sind begrenzt. Wenn ich wirkliche Veränderung in meinem Leben sehen will, kann ich nicht an zu vielen Baustellen zugleich arbeiten. Wirkliche Veränderung braucht Aufmerksamkeit, Fokussierung Kraft und Zeit.
Was sind Deine Ziele? Deine Träume? Vielleicht kannst Du einen Zettel nehmen und unbewertet alles aufschreiben, was Du erreichen möchtest, wo Du Dir Veränderung wünschst. Vielleicht bist Du sehr zufrieden und Deine Liste ist kurz. Vielleicht ist Deine Liste sehr lang. Meine Liste hat spontan 18 Punkte ergeben, die sicherlich in unzählige Teilziele zerlegt werden können. Es ist schön, diese Liste zu kennen, aber was ist für jetzt wirklich wichtig, wirklich dran. Vielleicht hast Du auch schon längst etwas für Dich sehr wichtiges begonnen aber dann doch wieder aus dem Auge verloren.
Ein Punkt, der bei mir heute nach Veränderung schreit, ist, das unsere Abende als Familie sehr unruhig geworden sind. Der Lockdown, das Wegfallen von regelmäßiger Arbeit, Schule und
Kindergarten hat unser Familienleben auf den Kopf gestellt. Marc und ich haben gemeinsam beschlossen, dass es eine Priorität ist, wieder gute Routinen und Strukturen zu
etablieren. Unsere kleinen Töchter brauchen das, Marc und ich auch. Doch wie schaffen wir es, diese Veränderung wirklich umzusetzen? Ein wichtiger Faktor ist erstmal anzufangen. Anfangen,
ohne genau zu wissen, ob es klappt, so wie wir es uns gedacht haben. Vieles ist ein Ausprobieren. Vieles verstehen und entdecken wir erst im Gehen. Aber gleich im Anschluß kommt das
Dranbleiben. Und weil dies für mich eine wahre Herausforderung ist, schreibe ich heute diesen Artikel. Damit erinnere ich mich selber daran, was es braucht um Veränderung zu erleben. Und
vielleicht hilft es Dir auch.
Hier meine fünf Dinge die mich am Dranbleiben hindern und fünf Dinge die mir beim Dranbleiben helfen.
5 Dinge die mich am Dranbleiben hindern
- Schlechte Vorbereitung. Wer unüberlegt und ohne konkrete Schritte auf Veränderung zugeht, wird schnell vom Weg abkommen. Ich brauche einen Plan der umsetzbar ist. Zu schlechter Vorbereitung gehören auch zu große Ziele. Die einzelnen Schritte müssen machbar sein, und zwar nicht als Sprint, sondern auf langer Strecke.
- Scheitern. Wer neue Wege beschreitet, kennt das Gelände noch nicht gut. Dinge die wir noch nicht können, funktionieren oft nicht sofort. Manche Vorstellungen stellen sich als unrealistisch heraus. Manchmal verändern sich die Rahmenbedingungen oder wir bekommen Gegenwind. Wir sind an manchen Tagen stärker, an manchen schwächer, dann erreichen unsere selbst gesteckten Ziele nicht. Scheitern gehört zum Leben dazu genau wie der Erfolg. Lass Dich also nicht davon aufhalten weiterzugehen.
- Ungeduld. Ein Ideal im Kopf zu haben und kurzfristig umzusetzen ist machbar. Doch in neue Wahrheiten oder neue Fähigkeiten kann ich nur langsam hineinwachsen. Am Anfang ist das Neue Anstrengend. Es kostet mich viel Kraft und es funktioniert noch nicht so gut wie ich es mir wünsche. Es ist mit einem Waldweg vergleichbar, der noch nicht angelegt ist. Ich muss ständig über Äste klettern oder Brennnesseln verbrennen meine Haut. Doch jeden Tag mehr, den ich den Weg gehe, wird er gerader und fester. Die Leichtigkeit wird kommen, aber ich brauche Geduld mit mir selber und dem Leben.
- Ablenkungen. Wenn ich mein Ziel nicht aktiv im Blick behalte, entdecke ich auf dem Weg unzählige Dinge die mich weglocken. Das können neue verlockende Ziele sein, oder die Wünsche der Menschen um mich herum. Es ist gut, aufmerksam durch das Leben zu gehen. Neue Dinge kommen und brauchen meine Aufmerksamkeit. Aber wer nicht abwägt und sein eigenes Ziel im Blick behält, ist auf Dauerumwegen. Und das kann sehr frustrierend sein. Nimm Dein Ziel wichtig und gib ihm Priorität.
- Emotionen. Jeder hat mal einen schlechten Tag. Wir werden mit Situationen konfrontiert die in uns Emotionen auslösen. Stress, Enttäuschung, Wut ... diese Liste können wir Alle beliebig verlängern. Gerade wenn wir an Beziehungen oder unserer Gedankenwelt arbeiten, sind Emotionen eine Versuchung, die Dich auf alte Wege Zurücklocken möchte. Doch wer sich dieser Verlockung bewusst ist kann darauf reagieren und Dranbleiben.
5 Dinge die mir beim Dranbleiben helfen
- Erinnerungen. Ich bin vergesslich. Im Alltagsgewusel ist es hilfreich sich immer wieder an seine Ziele erinnern zu lassen. Das geht zum Beispiel, indem ich mir täglich einen Wecker stelle, meine Ziele immer wieder auf jede ToDo-Liste übertrage, sie in meinem Kalenderprogramm vermerke oder in meinem Bullet Journal visualisiere. Eine kleine Notiz am Kühlschrank oder auf dem Spiegel im Badezimmer kann Wunder wirken.
- Erfolge feiern. Nicht nur Ziele erreichen ist ein Erfolg. Auch Dranbleiben ist ein Erfolg! Dranbleiben ist eine bemerkenswerte Leistung, besonders wenn wir dies über einen langen Zeitraum schaffen. Belohne Dich für Deine Ausdauer, indem Du Dir abends einen Moment Zeit nimmst um an Deine Tageserfolge zu denken. Mach Dir vielleicht eine Notiz in Dein Tagebuch/BuJu oder erstelle eine Liste, auf der Du täglich ein Kreuzchen einzeichnen kannst. So machst Du Dir bewusst, das Du etwas geschafft hat. Und das gibt Dir Kraft und Freude dranzubleiben.
- Rituale etablieren. Durch Rituale "verkörpere" ich einen Gedanken. Das was vorher nur in meinem Kopf war, ist plötzlich in der sichtbaren Welt vorhanden. Eine Kerze beim Abendbrot, ein kleiner Freudentanz nach dem Zähneputzen oder ein bewusstes Lächeln in den Spiegel. Je mehr Dein Ritual mit Deinem Ziel zu tun hat, um so besser. Aber am wichtigsten ist Deine persönliche Verknüpfung mit ihnen.
- Motivation. Wir alle müssen schon mal angefeuert werden. Ein freundliches Wort kann unheimlich viel Energie hervorbringen. Was wurde Dir schon zugesprochen? Oder was möchtest Du Dir selber zusprechen? Vielleicht ein Zitat, ein Bild, ein besonderer Gedanke? Umgib Dich mit diesen Dingen, damit Du dranbleibst. Gestern habe ich eine Freundin besucht die ein riesigen Vision-Board in Ihrer Küche hängen hat. Wow. Das hat mich beeindruckt. Vielleicht ist es genau das, was Du brauchst. Vielleicht aber auch ein Mutmachwort in Deiner Geldbörse. Finde heraus was Dich motiviert und nutze diese Power um Dranzubleiben.
- Such Dir einen Partner. Gibt es jemanden der ein ähnliches Ziel hat wie Du, mit dem Du deinen Weg gemeinsam beschreiten kannst? Das wäre genial. Sich gegenseitig anzufeuern hat so viel Kraft. Eine andere Möglichkeit ist, einem Freund von Deinen Zielen zu erzählen und ihn um Unterstützung zu bitten. Wer schon mal gefragt wird, wie es läuft, ist viel motivierter dranzubleiben. Und, wie läuft es so bei Dir?
Mein neustes "Projekt" ist es, eine neue Abendroutine zu etablieren, die für uns als Familie funktioniert. Ich beherzige dabei alle fünf Helfer, denn ich habe sie über die Jahre schon alle schätzen gelernt.
- Erinnerungen. Gerade in diesem Moment habe ich mir einen Wecker auf meinem Smartphone eingerichtet, der mich erinnert, wann ich mit dem "Abendprogramm" starten sollte.
- Erfolge feiern. Ich habe mir eine "Feierabend-Liste" erstellt. Mit dieser Liste gebe ich meinem Erfolg täglich eine Wertschätzung. Es macht mich einfach glücklich nach getaner Arbeit ein Kreuzchen zu setzen. Und vor Augen zu haben, das ich drangeblieben bin, motiviert mich ungemein.
- Rituale etablieren. Seit die Kinder sprechen können, haben wir ein Bettritual. Jeder darf erzählen, was das Schönste am Tag war. Dieses Ritual passe ich an unsere neue Situation an. Wir zünden beim Abendessen eine Kerze an und jeder darf erzählen, was das Schönste am Tag war. (Danke Beate, auf diese Idee hast Du mich gebracht).
- Motivation. Am Abend habe ich Zeit für meine persönlichen Bedürfnisse, Ruhe, Kreativität, Schreiben. Mich darauf zu freuen, ist eine so große Motivation! Zusätzlich habe ich mir notiert, warum diese Veränderungen für meine Kinder gut sind. Das hilft mir dranzubleiben, auch wenn die Kleinen glauben etwas anderes wäre in diesem Moment besser für sie.
- Such Dir einen Partner. Ich bin unendlich dankbar, dass ich dieses Projekt mit meinem Mann gemeinsam meistern kann. Marc ist mein bester Buddy, mein bester Freund. Und mit ihm ein gemeinsames Ziel zu haben hat so viel Kraft.
Was sind Deine Ziele? Und wie möchtest Du sie erreichen? Ich habe meine Helferlein für Dich in eine schöne Form gebracht. Du kannst Dir das anhängende PDF ausdrucken, die Deine "Feierabend-Liste" (die jetzt natürlich von Dir einen Titel bekommen möchte) aufhängen oder das Arbeitsblatt ausfüllen. Bleib dran an Deinen Zielen und Träumen. Es lohnt sich. Deine Linda
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Katelin (Sonntag, 16 August 2020 12:38)
Sooo gut!
Dranbleiben fällt mir oft so schwer ... aber du schriebst ja auch schon von der Macht der kleinen Schritte... auch mit kleinen Schritten kommt man zum Ziel und bleibt dran! Dem gemäß habe ich heute EINE Sache im Keller weggeräumt ... und schon merk ich, dass es nicht stagniert sondern weitergeht !
Sabine (Montag, 17 August 2020 11:57)
Auf jeden Fall fällt das Dranbleiben bei so schönen Listen wesentlich leichter.
Danke, dass Du sie uns zur Verfügung stellt :-) Toller Beitrag und ermutigende Ideen!